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Systemische Therapie

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Systemische Therapie

Definition:

Die Systemische Therapie ist ein psychotherapeutischer Ansatz, der den Fokus auf die Wechselbeziehungen innerhalb von Systemen, wie z.B. Familien oder sozialen Gruppen, legt. Sie betrachtet Probleme und Symptome nicht als isoliert innerhalb eines Individuums, sondern als Produkte und Teil des sozialen und familiären Kontextes, in dem das Individuum lebt.

Grundlagen der Systemischen Therapie:

a. Bateson, Gregory: Bateson war ein Schlüsselakteur in der Entwicklung der systemischen Therapie. Er war Teil des MRI-Teams (Mental Research Institute) in Palo Alto, das die Idee der „doppelten Bindung“ (double bind) als ein Verständnis von Kommunikationsmustern in Familien mit schizophrenen Patienten einführte.

b. Minuchin, Salvador: Minuchin ist bekannt für seine Arbeit in der Strukturellen Familientherapie, einem Zweig der systemischen Therapie. Er betonte die Bedeutung von Grenzen und Subsystemen innerhalb der Familie und wie diese das Verhalten der Familienmitglieder beeinflussen.

Methoden und Techniken:

a. Haley, Jay: Haley entwickelte die Strategische Therapie, die auf der Idee basiert, dass Symptome oft als Versuche zur Lösung von Problemen innerhalb des Familiensystems auftreten. Er nutzte oft paradoxe Interventionen, um Veränderungen in Familien zu bewirken.

b. de Shazer, Steve und Berg, Insoo Kim: de Shazer und Berg sind die Gründer der Lösungsorientierten Kurzzeittherapie, einer systemischen Methode, die sich auf Lösungen und Ressourcen statt auf Probleme und Defizite konzentriert.

Anwendungsbereiche:

a. Boszormenyi-Nagy, Ivan und Spark, Geraldine M.: Boszormenyi-Nagy und Spark sind bekannt für ihre Arbeit in der Kontextuellen Therapie, die das Konzept der „familiären Gerechtigkeit“ in den Vordergrund stellt und das Verständnis von Loyalitäten und Verpflichtungen innerhalb von Familien vertieft.

b. Satir, Virginia: Satir ist bekannt für ihren humanistischen und optimistischen Ansatz in der Familientherapie. Sie betonte die Bedeutung von Kommunikation, Selbstwertgefühl und persönlicher Wachstum.

Die Systemische Therapie bietet einen einzigartigen und wertvollen Rahmen für das Verständnis und die Behandlung von psychischen Problemen. Indem sie den Fokus auf die Dynamik und Wechselwirkungen innerhalb von Systemen legt, ermöglicht sie Therapeuten, Verhaltensmuster zu erkennen und Veränderungen anzustoßen, die das System als Ganzes beeinflussen.

Aktuelle Forschung und Entwicklungen:

a. Seikkula, Jaakko: Seikkula ist bekannt für seine Arbeit in der „Open Dialogue“-Therapie, einem systemischen Ansatz zur Behandlung von Psychosen, der die aktive Einbeziehung des sozialen Netzwerks des Patienten betont.

b. Imber-Black, Evan: Imber-Black hat bedeutende Beiträge zur Erforschung und Praxis von Familienritualen und deren Bedeutung in der systemischen Therapie geleistet. Sie betont die Kraft von Ritualen und Geschichten, um Bedeutungen und Bindungen innerhalb von Familien und Systemen zu schaffen.

Kritik und Herausforderungen:

a. Liddle, Howard A.: Liddle hat auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Wirksamkeit der Systemischen Therapie durch rigorose Forschung und evidenzbasierte Praktiken zu demonstrieren. Er hat dazu beigetragen, Modelle für die systemische Behandlung von jugendlichem Drogenmissbrauch und Delinquenz zu entwickeln und zu testen.

b. Goldenberg, Irene und Goldenberg, Herbert: Die Goldenbergs haben die kulturelle Sensibilität in der systemischen Therapie betont und die Notwendigkeit einer größeren Anerkennung von Diversität und sozialer Gerechtigkeit in der Praxis und Ausbildung hervorgehoben.

Zusammenfassung:

Die Systemische Therapie ist ein vielseitiger und anpassungsfähiger Ansatz, der weiterhin auf neue Bereiche und Populationen angewendet wird. Durch kontinuierliche Forschung und Praxis trägt sie zu unserem Verständnis von Individuen und ihren Beziehungen innerhalb komplexer Systeme bei und bietet innovative Wege zur Förderung von Heilung und Wachstum.