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Toxische Positivität

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Toxische Positivität

Toxische Positivität bezeichnet eine übermäßige und ineffektive Schwerpunktlegung auf ein positives Mindset, wobei negative Emotionen oder Erfahrungen unterdrückt, ignoriert oder abgewiesen werden. Es ist ein kulturelles Phänomen und kein diagnostischer psychologischer Zustand, der jedoch zur Verschlechterung der psychischen Gesundheit beitragen kann.

Definition und Konzept:

Lombardo, Elizabeth R.: Lombardo, eine Psychologin und Autorin, betont, dass toxische Positivität auftritt, wenn Menschen positive Emotionen oder Einstellungen erzwingen, auch wenn dies nicht authentisch oder angebracht ist. Sie argumentiert, dass es gesund und normal ist, eine Bandbreite von Emotionen zu erleben, einschließlich negativer Emotionen.

Folgen der Toxischen Positivität:

a. Bonanno, George A.: Bonanno, ein Trauma-Forscher, weist darauf hin, dass das Vermeiden von negativen Emotionen und Trauer durch toxische Positivität die Fähigkeit zur Bewältigung und Wiederherstellung nach traumatischen Ereignissen behindern kann.

b. Norem, Julie K. und Chang, Edward C.: Norem und Chang haben das Konzept der defensiven Pessimisten untersucht, die von toxischer Positivität besonders betroffen sein können. Defensive Pessimisten nutzen negative Gedanken und Erwartungen, um Angst zu bewältigen und ihre Leistung zu steigern, und können durch die erzwungene Positivität benachteiligt werden.

Toxische Positivität und Gesellschaft:

Ehrenreich, Barbara: In ihrem Buch „Bright-Sided“ kritisiert Ehrenreich die allgegenwärtige Kultur der Positivität in Amerika und argumentiert, dass sie oft unrealistisch ist und Menschen daran hindert, reale Probleme anzusprechen oder gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Bewältigung der Toxischen Positivität:

Neff, Kristin D.: Neff, eine Forscherin im Bereich Selbstmitgefühl, betont, dass Selbstmitgefühl eine gesündere Alternative zur toxischen Positivität bietet. Selbstmitgefühl ermöglicht es den Menschen, ihre negativen Emotionen anzuerkennen und mit Freundlichkeit und Verständnis zu reagieren, anstatt sie zu vermeiden oder abzulehnen.

Toxische Positivität ist ein kulturelles Phänomen, das das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit beeinträchtigen kann. Es ist wichtig, ein ausgewogenes emotionales Leben zu fördern, das sowohl positive als auch negative Emotionen anerkennt und validiert, und Strategien zur Bewältigung von Herausforderungen und Schwierigkeiten zu unterstützen, anstatt sie zu ignorieren oder zu vermeiden.

Toxische Positivität in Sozialen Medien:

a. Flett, Gordon L. und Hewitt, Paul L.: Flett und Hewitt haben untersucht, wie soziale Medien zur Verbreitung von toxischer Positivität beitragen können. Sie argumentieren, dass die ständige Präsentation von positiven Bildern und Nachrichten dazu führen kann, dass Nutzer negative Emotionen oder Erfahrungen unterdrücken und unrealistische Erwartungen an sich selbst entwickeln.

b. Burrow, Anthony L. und Rainone, Nicolette: Burrow und Rainone haben auf die Gefahren von Vergleich und „Positivity Bias“ in sozialen Medien hingewiesen. Sie betonen, dass toxische Positivität in sozialen Medien das Selbstwertgefühl und das Wohlbefinden der Nutzer untergraben kann.

Prävention und Interventionen:

a. Gilbert, Paul: Gilbert, der Gründer der Compassion Focused Therapy (CFT), betont die Rolle von Mitgefühl und Akzeptanz in der Therapie, um den Schaden durch toxische Positivität zu begrenzen. Er argumentiert, dass das Erkennen und Validieren von negativen Emotionen wichtig ist, um gesunde Bewältigungsmechanismen zu entwickeln.

b. Linehan, Marsha M.: Linehan, die Begründerin der Dialektischen Verhaltenstherapie (DBT), bietet Werkzeuge zur Akzeptanz und zum Umgang mit negativen Emotionen, anstatt sie zu vermeiden oder zu unterdrücken. Sie betont die Notwendigkeit, sowohl positive als auch negative Aspekte des Lebens zu akzeptieren und zu bewältigen.

Zusammenfassung:

Toxische Positivität kann schwerwiegende Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben, insbesondere in der heutigen von sozialen Medien geprägten Welt. Es ist wichtig, Bewusstsein für die Gefahren der toxischen Positivität zu schaffen und Strategien zur Förderung von gesunden Bewältigungsmechanismen und emotionaler Ausgewogenheit zu entwickeln.