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Selbst

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Selbst

Definition und Hintergrund:

Das Selbst ist ein zentrales Konzept in der Psychologie, das sich auf das individuelle Bewusstsein, die Selbstwahrnehmung und die Identität einer Person bezieht. Es umfasst sowohl die kognitiven, emotionalen und sozialen Aspekte der Persönlichkeit als auch die subjektiven Erfahrungen und Selbstbilder, die das Verhalten, die Entscheidungen und die Beziehungen einer Person beeinflussen. Das Selbstkonzept ist das Resultat eines kontinuierlichen Prozesses der Selbstreflexion, der sozialen Interaktion und der Anpassung an die Umwelt und kann sich im Laufe des Lebens ändern und entwickeln.

Theoretische Ansätze zum Selbst:

In der Psychologie gibt es verschiedene theoretische Ansätze, die sich mit dem Selbst und seinen verschiedenen Aspekten beschäftigen:

  1. Psychoanalytischer Ansatz: Freud, Sigmund unterschied drei Instanzen des Selbst: das Ich (das bewusste Selbst, das zwischen den inneren und äußeren Anforderungen vermittelt), das Es (die unbewussten Triebe und Wünsche) und das Über-Ich (die internalisierte Instanz moralischer Normen und Ideale). Freud betonte die Rolle der intrapsychischen Konflikte und der frühkindlichen Erfahrungen bei der Entwicklung des Selbstkonzepts.
  2. Humanistischer Ansatz: Rogers, Carl postulierte, dass das Selbst aus zwei Komponenten besteht: dem realen Selbst (der tatsächlichen Erfahrung und den Fähigkeiten der Person) und dem idealen Selbst (den Zielen, Werten und Erwartungen, die die Person anstrebt). Rogers betonte die Rolle der Selbstaktualisierung, der Selbstwertschätzung und der bedingungslosen positiven Wertschätzung in der Entwicklung eines kohärenten und authentischen Selbstbildes.
  3. Soziale Identitätstheorie: Tajfel, Henri und Turner, John stellten die soziale Identität in den Mittelpunkt des Selbstkonzepts und betonten die Rolle der Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen, der intergruppalen Vergleiche und der sozialen Kategorisierung bei der Definition des Selbst und der Selbstwertgefühle.
  4. Kognitiver Ansatz: Kognitive Theorien konzentrieren sich auf die mentalen Prozesse und Strukturen, die dem Selbstkonzept zugrunde liegen, wie zum Beispiel Selbstschemata, Attributionen und metakognitive Überzeugungen. Neisser, Ulric betonte die Rolle der Selbstwahrnehmung, der autobiographischen Erinnerung und der sozialen Interaktion bei der Konstruktion und Aktualisierung des Selbstbildes.

Entwicklung des Selbst:

Die Entwicklung des Selbst beginnt in der frühen Kindheit und setzt sich im Laufe des gesamten Lebens fort. Verschiedene Entwicklungsstufen und Lebensereignisse können unterschiedliche Herausforderungen und Chancen für das Selbstkonzept und die Selbstregulation bieten:

  1. Frühe Kindheit: In dieser Phase entwickeln Kinder ein grundlegendes Bewusstsein für ihre eigene Existenz, ihre körperlichen und emotionalen Bedürfnisse und ihre Unterscheidung von anderen.
  2. Mittlere Kindheit und Adoleszenz: Während dieser Zeit entwickeln Kinder und Jugendliche ein differenzierteres Selbstkonzept, das auf ihren Fähigkeiten, Interessen, Werten und sozialen Beziehungen basiert. Sie beginnen auch, sich mit verschiedenen Rollen und Identitäten zu identifizieren und experimentieren, um ihr Selbstbild und ihre Autonomie zu festigen.
  3. Erwachsenenalter: Im Erwachsenenalter setzt sich die Entwicklung des Selbst fort, da Menschen mit verschiedenen Lebensaufgaben und Herausforderungen konfrontiert werden, wie zum Beispiel Beruf, Partnerschaft, Elternschaft und soziale Verantwortung. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion, zur Anpassung an Veränderungen und zur Reifung der Persönlichkeit kann dazu beitragen, ein stabiles und kohärentes Selbstkonzept zu erhalten und zu fördern.
  4. Alter: Im Alter können Menschen auf ihr Leben zurückblicken und eine Bilanz ziehen, die ihr Selbstbild und ihr Lebensgefühl beeinflusst. Die Auseinandersetzung mit Fragen der Vergänglichkeit, der Weisheit und des Erbes kann dazu beitragen, das Selbstkonzept und die Identität im späteren Leben zu klären und zu integrieren.

Selbst und psychische Gesundheit:

Ein gesundes Selbstkonzept und eine positive Selbstwertschätzung sind wichtige Faktoren für das psychische Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit. Menschen mit einem starken und stabilen Selbstbild sind besser in der Lage, mit Stress, Veränderungen und zwischenmenschlichen Herausforderungen umzugehen. Umgekehrt können Störungen des Selbst, wie zum Beispiel ein negatives Selbstbild, geringe Selbstachtung oder ein instabiles Selbstkonzept, zu psychischen Problemen wie Depressionen, Angstzuständen, Essstörungen und Suchtverhalten führen.

In der Psychotherapie werden verschiedene Ansätze und Techniken angewendet, um das Selbstkonzept, die Selbstwahrnehmung und die Selbstregulation zu stärken und zu verbessern, wie zum Beispiel kognitive Umstrukturierung, emotionale Verarbeitung, soziales Kompetenztraining, Achtsamkeit und Selbstmitgefühl.

Fazit:

Das Selbst ist ein zentrales und komplexes Konzept in der Psychologie, das die Art und Weise, wie Menschen sich selbst wahrnehmen, definieren und regulieren, und ihre Beziehungen zu anderen und ihrer Umwelt beeinflusst. Die Erforschung und das Verständnis des Selbst und seiner verschiedenen Aspekte und Prozesse sind von entscheidender Bedeutung für die psychologische Theorie, die Praxis und die Anwendung in verschiedenen Lebensbereichen.