Die 6 Antreiber

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Was sind eigentlich Antreiber?

Woran denken Sie, wenn Sie den Begriff „Antreiber“ hören?

  • Den Motor, der beispielsweise ein Auto antreibt?
  • Den Trainer, der seine Schützlinge noch zu etwas mehr Leistung antreibt?
  • Eltern, die den Zögling dazu anhalten, sich zu beeilen, um noch pünktlich in der Schule zu sein?

All das beschreibt eine Form von Antreibern, jedoch nicht die, um die es sich in diesem Artikel drehen soll.
Im Gegensatz zu diesen äußeren Antreibern geht es hier um innere Antreiber.
Innere Antreiber sind Glaubenssätze, also gut integrierte, unbewusste innere Anweisungen Es sind mittlerweile sechs innere Antreiber identifiziert worden:

  • Sei perfekt
    • „Ich darf keine Fehler machen.“
    • „Wenn ich etwas mache, dann mache ich es richtig.“
    • „Ich muss mich noch verbessern“
  • Sei stark
    • „Indianerherz kennt keinen Schmerz.“
    • „Ich kann das alleine.“
    • „Ich darf keine Schwäche zeigen.“ (Schwäche ist hier in der Regel ein Synonym für Gefühle)
  • Streng dich an
    • „Ohne Fleiß kein Preis“
    • „Geht nicht gibt’s nicht“
    • „Wenn es zu leicht geht, dann ist es nichts wert.“
  • Beeil dich
    • „Ich muss mich beeilen.“
    • „Das ist doch Zeitverschwendung.“
    • „Wer rastet, der rostet.“
  • Mach es allen recht
    • „Ich kann nicht Nein sagen.“
    • „Hauptsache allen anderen geht es gut.“
    • „Ich mag keine Konflikte.“
  • Sei vorsichtig
    • „Ich traue mich nicht,…“
    • „Ich lasse das lieber.“
    • „Schuster, bleib bei deinen Leisten.“

Können Sie sich wiederfinden? Welcher Antreiber macht Ihnen das Leben besonders schwer? Möglichkeiten, den Würgegriff unserer Antreiber zu lockern, finden Sie weiter unten.
Denn anstrengend werden unsere Antreiber erst, wenn es kein inneres Programm gibt, das es uns erlaubt, auch mal locker zu lassen – und trotzdem geliebt zu werden.

Motiv Liebe

Es geht also um Liebe? Ja, allerdings nicht um partnerschaftliche und erwachsene Liebe, sondern um das kindliche Bedürfnis, die elterliche Liebe spüren zu müssen, um sich sicher fühlen zu können.
Als Kind sind wir auf Gedeih und Verderb von unseren Eltern abhängig. Und damit auch von ihrer Liebe als Zeichen einer sicheren Bindung. Denn nur diese garantiert die Befriedigung existenzieller Bedürfnisse wie Nahrung und Sicherheit.
Und da Kinder es ihren Eltern leicht machen möchten, sie zu lieben, tun sie alles dafür, ihren Eltern zu gefallen:

  • Sei perfekt
    „Erst, wenn es nichts mehr an mir auszusetzen gibt, bin ich ok und dann werde ich geliebt.“
  • Sei stark
    „Erst, wenn ich meine Gefühle nicht mehr zeige, bin ich ok und dann werde ich geliebt.“
  • Streng dich an
    „Erst, wenn ich mich genug anstrenge, um mich zu verbessern, bin ich ok und dann werde ich geliebt.“
  • Beeil dich
    „Erst, wenn ich meine Dinge schnell genug erledige, bin ich ok und dann werde ich geliebt“
  • Mach es allen recht
    „Erst, wenn ich niemanden verärgere, bin ich ok und dann werde ich geliebt“
  • Sei vorsichtig
    „Erst, wenn andere sich keine Sorgen um mich machen müssen, bin ich ok und dann werde ich geliebt“

Die Dosis macht das Gift

Natürlich sind diese sechs Antreiber nicht per se schlecht und verurteilungswürdig. Wir alle benötigen einen gewissen Antrieb, um unser Leben nicht nur auf der Couch vor dem Fernseher zu verbringen. Was bei dieser Art von Antreibern das Gefährliche ist, ist die Einseitigkeit. Die allgemeine Botschaft lautet: „Wenn Du nicht dem Antreiber folgst, dann bist Du nicht liebenswert.“
Hier opfern wir unsere Bedürfnisse als Erwachsene, verallgemeinert: unser Bedürfnis nach Autonomie, dem Sicherheitsbedürfnis unseres inneren Kindes.
Langfristig kann das schwerwiegende Folgen haben:

  • Unzufriedenheit
  • Angst
  • Depressionen
  • Aggressionen

Das wiederum erhöht den Stresspegel, steigert das Sicherheitsbedürfnis des inneren Kindes und treibt uns immer wieder in die Arme der Antreiber, die für diesen Stress verantwortlich sind – ein Teufelskreis.
Zudem handelt es sich um Programme, denen wir in der Regel schon seit unserer Kindheit folgen. Sie wirken also auf einer tiefen emotionalen Ebene: Nur wenn meine Eltern mich lieben, bin ich in Sicherheit.
Wie können wir es schaffen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen und sowohl auf die Bedürfnisse unseres Erwachsenen-Ichs als auch auf das tief verwurzelte Sicherheitsbedürfnis einzugehen?

Das Erwachsenen-Ich aktivieren

Als Kind waren wir abhängig davon, dass wir von unseren Eltern geliebt werden. Ein Teil von uns – das innere Kind – lebt häufig noch immer in dieser Abhängigkeit und drängt darauf, sich nach den Antreibern zu richten, um diese Liebe und die damit verbundene Sicherheit zu gewährleisten. Auch, wenn wir mittlerweile erwachsen sind und auf eigenen Beinen stehen. Eigentlich könnte unser Erwachsenen-Ich jetzt die Rolle der Sicherheit-Instanz für das innere Kind übernehmen. Dafür muss uns aber erst bewusst werden, dass wir nicht mehr abhängig sind.
Häufig passiert das durch Situationen, in denen wir uns

  • fremdbestimmt,
  • hilflos,
  • einsam,
  • verunsichert,
  • schwach,
  • klein
  • oder als Opfer

fühlen.
Erfahrungsgemäß bietet sich in solchen Momenten diese innere Szenerie: gewohnheitsmäßig sind wir drauf und dran eine weitere Runde im Teufelskreis zu verweilen. Gleichzeitig merken wir aber, dass es nicht gut für uns wäre, haben jedoch keine Handlungsalternative, auf die wir zurückgreifen können. Hier besteht die Gefahr, das Altbekannte zu reaktivieren.

Unser Erwachsenen-Ich kann die Eltern unserer Kindheit als Sicherheits-Instanz für das innere Kind ablösen.

Doch wir können den Durchbruch auch ohne konkrete Idee einer Veränderung vollziehen: wenn wir uns nur dagegen entscheiden, so zu handeln, wie wir es bisher immer getan haben. In diesem Moment haben wir in Person unseres Erwachsenen-Ichs das Ruder übernommen.

Diese Frage ist dabei außerordentlich hilfreich, da sie eine emotionale Distanz zwischen uns und der Situation erzeugen kann. So können wir unsere aktuelle Lage wie von außen betrachten. Aus dieser Position heraus fällt es uns viel leichter, im inneren Zustand des Erwachsenen zu bleiben und erwachsene Lösungen zu finden.

Erlaubnisse

Das vorrangige Ziel ist es, den Druck der Antreiber zu verringern, um andere Handlungen überhaupt zulassen zu können. Eine große Erleichterung bringen hier Erlaubnisse, die wir uns aus der Position des Erwachsenen selber geben.
Erlaubnisse sind in diesem Kontext häufig durch die Konjunktion aber mit dem Antreiber-Satz verknüpft. So wird aus „Erst, wenn es nichts mehr an mir auszusetzen gibt, bin ich ok und dann werde ich geliebt.“ „Erst, wenn es nichts mehr an mir auszusetzen gibt, bin ich ok und dann werde ich geliebt, aber auch wenn ich mal einen Fehler mache, bin ich ein wertvoller Mensch.
Wahrscheinlich können Sie schon beim Lesen die große Erleichterung wahrnehmen, die mit dieser Erlaubnis einhergeht.
Abschließend noch ein paar beispielhafte Erlaubnisse für die verschiedenen Antreiber:

  • Sei perfekt
    • „…aber auch ich darf Fehler machen.“
    • „…aber mehr als ‚gut‘ muss nicht sein.“
  • Sei stark
    • „…aber ich darf auch Gefühle zeigen.“
    • „…aber niemand kann immer stark sein.“
  • Streng dich an
    • „…aber ich darf auch Spaß haben.“
    • „…aber ich darf auch kleine Schritte machen.“
  • Beeil dich
    • „…aber ich darf mir auch die Zeit nehmen, die ich brauche.“
    • „…aber die Dinge brauchen eben die Zeit, die sie brauchen.“
  • Mach es allen recht
    • „…aber ich darf auch Rücksicht auf meine Bedürfnisse nehmen.“
    • „…aber ich darf auch nein sagen.“
  • Sei vorsichtig
    • „…aber ich darf meine eigene Wege gehen.“
    • „…aber ich darf auch mutig handeln.“

Mit welchen Erlaubnissen erleichtern Sie sich Ihr Leben?

Die 6 Antreiber - Jan Göritz - Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologischer Berater in Hamburg
Bild von Alexas_Fotos auf Pixabay

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