Weihnachten und das innere Kind

Weihnachten und das innere Kind

Weihnachten – alle freuen sich auf besinnliche Stunden und Tage im Kreise der Lieben. 
So sieht es zumindest in unserer romantischen Vorstellung aus. Doch die Realität zeigt, dass Weihnachten für viele Menschen Stress bedeutet. Vielleicht sogar wegen dieser eben beschriebenen Vorstellung. Da heisst es, sich besonders anzustrengen und auch mal die Zähne zusammen oder sich auf die Zunge zu beissen.

Warum ist das so?

In meiner Praxis stelle ich regelmäßig vor Weihnachten fest, dass Menschen zu mir kommen, die regelrecht Angst vor den Weihnachtsbesuchen bei oder von Verwandten haben. Alleine die Vorstellung davon reicht aus, um körperliche Stresssymptome auszulösen. Der Hintergrund liegt hier häufig in nicht gelösten Konflikten mit den Eltern oder anderen Verwandten. Genauer gesagt geht es hier um die eigenen nicht verheilten Verletzungen und die damit verbundenen Gefühle wie Traurigkeit, Ärger, Wut oder Frust,- das sind die in meinen Sitzungen am häufigsten genannten.
An 364 Tagen im Jahr ist es leicht, diesen Konflikten auszuweichen. Zu Weihnachten jedoch ist vieles anders: Kerzen, Weihnachtslieder und die kollektive friedvolle Weihnachtsstimmung bringen uns Menschen mehr als sonst mit unseren eigenen Gefühlen in Kontakt,- auch mit den unangenehmen.

Was kann ich tun?

Sollten sie sich in einer ähnlichen Situation befinden, empfehle ich Ihnen im ersten Schritt anzuerkennen, dass Konflikte vorhanden sind, die Sie emotional fordern, manchmal vielleicht sogar überfordern. Damit tun Sie sich selbst bereits einen Gefallen, denn Sie müssen zumindest vor sich selbst nichts mehr verdrängen.
Der nächste Schritt, der häufig etwas Mut erfordert, ist dann der, im Vorwege offen mit den entsprechenden Personen zu sprechen. Wenn ich diesen Vorschlag in der Praxis mache, werde ich von meinen Klienten häufig verständnislos angeschaut. Meist fallen noch Sätze wie: „Dann feiern wir bestimmt nicht mehr zusammen.“
 Das Risiko gehen Sie natürlich ein, wenn Sie sich dafür entscheiden. Das ist richtig.
 Aber genau so richtig ist auch: ein Konflikt, der da ist, ist da.
Sie haben lediglich die Wahl, ob Sie eigenverantwortlich dafür Sorge tragen, dass er nicht unterm Weihnachtsbaum vor sich hin schwelt und Sie ein wirklich entspanntes Weihnachtsfest haben oder ob Sie einen Tag voller Anspannung erleben möchten. Immer auf der Hut sein, bloss nichts falsches zu sagen.
Wenn Sie sich für diesen Schritt entscheiden, geht es natürlich darum, dass Sie sich mitteilen. Anschuldigungen und Vorwürfe sind in einem solchen Gespräch fehl am Platz.
Damit hätten Sie also dafür gesorgt, dass Weihnachten wahrscheinlich positiver und entspannter verläuft als Sie es gewohnt sind.

Die eigentliche Ursache ist damit aber noch nicht bearbeitet

Die oben angeführten Verletzungen stammen in den seltensten Fällen aus der Gegenwart oder jüngeren Vergangenheit.

Wenn ich meinen Klienten die Frage stelle, wie alt sie sich in solchen Konfliktsituationen fühlen, bekomme ich als Antwort meist eine Altersangabe zwischen sechs und zwölf Jahren.
Häufig werden solche Situationen auch beschrieben mit „ich bin dann nicht mehr ich selbst“ oder „dann fällt eine Klappe und ich weiß nicht mehr, was ich tue“. Hier übernimmt also zeitweise das innere Kind, die kleine Sabine, Claudia, Kathrin, Christiane… oder der kleine Hans, Fritz, Stefan, Oliver… das Zepter.
Für diesen Zeitraum ist das erwachsene Bewusstsein fast vollständig abgemeldet.
Das kann übrigens jederzeit passieren, nicht nur zu Weihnachten.
Wenn Sie das von sich kennen und merken „da ist noch irgendwas“, können Sie folgendes für sich tun: Nehmen Sie sich ausreichend ungestörte Zeit für sich (30-60 Minuten) und visualisieren Sie sich als Kind. Möglicherweise ist diese Vorstellung am Anfang nicht stabil und lässt sich nur wenige Minuten aufrecht erhalten. Das ist völlig normal, belassen Sie es in diesem Fall dabei und wiederholen Sie das am folgenden Tag wieder – solange bis die Vorstellung stabil ist.
Dann steigen Sie als erwachsener Mensch mit ins Bild, sehen das innere Kind und nehmen behutsam Kontakt zu ihm auf. Fragen Sie es, wie es ihm geht und was es braucht und geben Sie ihm das Genannte. Sagen Sie ihm, dass Sie jetzt da sind und sich um es kümmern. Sagen Sie ihm, dass es nicht mehr allein und in Sicherheit ist. Sie können es in die Arme schließen und ihm sagen, dass Sie es sehr lieben.
So fühlt sich das innere Kind gesehen, wertgeschätzt und geliebt und muss sich nicht mehr unkontrolliert Gehör verschaffen. Gleichzeitig können Sie sich auf diesem Weg selber das geben, was Sie bisher vielleicht von anderen gefordert haben und machen somit nicht nur Weihnachten sondern jeden Tag zu einem Fest der Liebe zu sich selbst.
Als weiterführende Lektüre zum Thema „Das innere Kind“ empfehle ich „Aussöhnung mit dem inneren Kind“ von Erika J. Chopich und Margaret Paul.

Inneres Kind - Jahresringe - Jan Göritz - Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologischer Berater in Hamburg

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