Langeweile

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Langeweile: Der unterschätzte Schlüssel zur Kreativität und inneren Balance

Sie wird oft als etwas Negatives betrachtet – als Zeitverschwendung, die uns davon abhält, produktiv zu sein. Doch in einer Welt, in der ständige Ablenkung und Reizüberflutung zur Norm geworden sind, könnte es sich tatsächlich um den Schlüssel zu mehr Kreativität und innerem Gleichgewicht handeln. In diesem Artikel beleuchten wir die verschiedenen Facetten der Langeweile und zeigen auf, wie sie sowohl im Alltag als auch in der therapeutischen Praxis genutzt werden kann.

Die Psychologie dahinter

Laut einem Artikel der Zeit aus dem Jahr 2012 hat Langeweile tiefe psychologische Wurzeln. Sie entsteht oft in Situationen, in denen wir das Gefühl haben, keine Kontrolle über unsere Umgebung zu haben oder in denen uns die Sinnhaftigkeit fehlt. Der Psychologe John Eastwood von der York University in Kanada beschreibt sie als einen Zustand, in dem das Gehirn nach Stimulation sucht, diese aber nicht findet. Dieser Zustand kann zunächst unangenehm sein, birgt jedoch auch ein enormes Potenzial.

Kreativität

Einige der kreativsten Köpfe der Geschichte, von Albert Einstein bis zu den Beatles, haben die produktive Kraft der Langeweile genutzt. Wenn das Gehirn nicht ständig mit äußeren Reizen bombardiert wird, beginnt es, nach innen zu schauen. Es entstehen Tagträume, und die Gedanken können frei fließen, was oft zu neuen und innovativen Ideen führt.

Einer meiner Klienten, der Musiker ist, erzählte mir einmal, dass seine besten Texte und Melodien in Momenten des Leerlaufs entstehen, wenn er nicht auf etwas Konkretes fokussiert ist. Er beschrieb, wie er sich von der ständigen Ablenkung durch soziale Medien und andere äußere Reize zurückzog und bewusst Zeit in Stille verbringt. Er berichtete, dass es immer etwas dauere, bis die äußere Stille auch sein Innerstes erreicht hätte, bis zu 24 Stunden. Aber dann erwacht seine Kreativität zum Leben, wie er sich ausdrückte.

Therapeutische Ansätze

In der therapeutischen Praxis kann Langeweile als wertvolles Werkzeug dienen. Sie zwingt uns, uns mit uns selbst und unseren Gefühlen auseinanderzusetzen und tiefere Einsichten zu gewinnen. Ein Beispiel aus meiner Praxis ist ein Klient, der sich ständig von seinen Problemen ablenkte, indem er sich in Arbeit und soziale Aktivitäten stürzte. Eine Sitzung begannen wir nach einer kurzen Begrüßung schweigend und je länger wir schwiegen, desto stärker spürte ich seine innere Unruhe, sagte aber nichts und hielt weiterhin den Augenkontakt mit dem Klienten.


Noch ein paar Minuten weiter, als ich das Gefühl hatte, er würde gleich platzen, fing er unvermittelt an zu weinen und zu schluchzen. Damit war er mit sich zum ersten Mal seit langem wieder in Kontakt getreten – und mit seinem Schmerz. Ein Moment, den er auch später noch als den Moment bezeichnete, da er für ihn eine innere Wendemarke darstellte.

Praktische Tipps zur Nutzung von Langeweile

1. Digital Detox: Legen Sie regelmäßige Pausen von digitalen Geräten ein. Schalten Sie Ihr Handy aus und widmen Sie sich einer analogen Tätigkeit wie Lesen, Spazierengehen oder einfach nur dem Nichtstun.

2. Tagträume zulassen: Erlauben Sie sich, in Gedanken zu versinken. Tagträumen macht nicht immer unglücklich und ist erst recht keine Zeitverschwendung, sondern mitunter ein wichtiger Prozess zur Selbstreflexion und Kreativität.

3. Strukturierte Langeweile: Planen Sie bewusst Zeiten ein, in denen Sie nichts tun. Nutzen Sie diese Zeiten, um Ihre Gedanken schweifen zu lassen und innere Balance zu finden.

Wenn es krankhaft wird

Natürlich gibt es auch eine dunkle Seite der Langeweile. Chronische Langeweile kann zu negativen Verhaltensweisen führen, wie zum Beispiel zu exzessivem Konsum von Alkohol oder Drogen, um die innere Leere zu füllen. Hier ist es wichtig, die Ursachen der Langeweile zu erkennen und therapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Fazit

Langeweile ist nicht der Feind, für den wir sie oft halten. In einer Gesellschaft, die ständig auf der Suche nach der nächsten Ablenkung ist, kann Langeweile ein mächtiges Werkzeug sein, um kreative Ideen zu fördern, innere Balance zu finden und tiefere Einsichten zu gewinnen. Indem wir lernen, Langeweile zu akzeptieren und zu nutzen, können wir ein erfüllteres und ausgeglicheneres Leben führen.

Indem wir die Langeweile neu bewerten und als wertvollen Bestandteil unseres Lebens anerkennen, können wir nicht nur unsere Kreativität steigern, sondern auch ein tieferes Verständnis für uns selbst und unsere Umgebung entwickeln.

Langeweile - Jan Göritz - Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologischer Berater in Hamburg

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