Zu Beginn des Buches „Wider den Gehorsam“ von Arno Gruen findet sich das folgende Gedicht von Theodor Fontane:
Es kann die Ehre dieser Welt
Dir keine Ehre geben,
Was dich in Wahrheit hebt und hält,
Muss in dir selber leben.
Wenn’s deinem Innersten gebricht
An echten Stolzes Stütze,
Ob dann die Welt dir Beifall spricht,
Ist all dir wenig nütze.
Das flücht’ge Lob, des Tages Ruhm
Magst du dem Eitlen gönnen;
Das aber sei dein Heiligtum:
Vor dir bestehen können.
(Theodor Fontane)
Das Buch, das Arno Gruen im Alter von 91 Jahren veröffentlicht hat, beschäftigt sich mit den Themen:
- Empathie
- Identität
- Identifikation
- Schmerz
- Selbstablehnung
- Menschlichkeit
Empathie
Nach Ergebnissen aus dem Milgram-Experiment und anderen Studien lässt sich laut Gruen der Schluss ziehen, dass nur ungefähr jeder dritte Mensch empathisch handelt.
Er unterteilt die Teilnehmer des Experiments in:
- die Gehorsamen und
- die Ungehorsamen.
Während die „Ungehorsamen“ diejenigen sind, die ihrer Empathie gemäß handelten und die Elektro-Schock-Experimente abbrachen, lassen sich die „Gehorsamen“ noch in zwei Untergruppen aufgliedern: es wurden nämlich bei Rund der Hälfte der „Gehorsamen“ psychosomatische Symptome, wie beispielsweise starkes Zittern wahrgenommen. Diese wurden von Milgram als innere Spannung oder als Kraft, die die Versuchsperson in ihrem Gehorsam gefangen hält, beschrieben
Identität, Identifikation und Selbstablehnung
Um aber die lebensnotwendig Verbindung zu den Eltern, die das Sein ihres Kindes nicht anerkennen, herzustellen, muss die kindliche Wut unterdrückt und die Erwartungen der Eltern in eigene verwandelt werden. (Arno Gruen – Wider den Gehorsam)
Dieses Szenario macht die Entwicklung einer eigenen Identität, die sich emphatisch entfalten kann, fast unmöglich.
Da aber die Gefühle des Kindes nicht weg sind, werden sie zum Feind, den es zu bekämpfen gilt. Sowohl im eigenen Körper als auch bei anderen. Statt eine eigene Identität auszubilden, identifiziert sich das Kind mit den Eltern und macht deren destruktive Gefühle zu seinen eignen.
Schmerz und Menschlichkeit
Der Weg zur Menschlichkeit führt demnach also über den eigenen inneren Schmerz des nicht anerkannten Kindes.
Diesen Weg zu gehen ist häufig schwierig und es erfordert viel Mut, sich dem Menschen anzunähern, den man so lange ablehnen musste, um die lebensnotwendige Verbindung zu den Eltern nicht zu gefährden.
Es ist aber ein großer Gewinn für alle, diesen Mut aufzubringen.