Liebe (Teil 2)

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Teil 1 finden Sie hier

Selbstliebe

Stehen wir dem Leben zumindest halbwegs bewertungsfrei gegenüber, nehmen die Dinge, wie sie sind, haben uns vielleicht sogar noch etwas kindliche Neugier auf’s Leben bewahren können, dann ist die Chance groß, dass wir uns als selbstbestimmte Gestalter unseres Lebens begreifen.
Wir können selber dafür sorgen, dass es uns gut geht wir haben die Möglichkeit, uns selbst zu lieben.

„Gut gehen“ hat übrigens in diesem Kontext nichts mit den finanziellen Mitteln zu tun, die ein Mensch zur Verfügung hat.
Ich habe wohlhabende Menschen kennen gelernt Im „Opfer-Modus“ bewegt haben, genau wie ich Menschen kennen gelernt habe, die wenig Geld haben und sich trotzdem als Gestalter ihres Lebens begreifen.

Liebe will fließen

Wenn etwas fließen möchte, dann ist dafür in der Regel keine große Anstrengung nötig.
Nur wenn wir das Fließen stoppen möchten, müssen wir Kraft aufwenden.

Wenn Liebe fließen möchte, bedeutet das, dass wir uns dem Fließen aktiv entgegen stellen, sozusagen einen Staudamm errichten müssen.

Angst

Das passiert entweder durch Glaubenssätze, wie beispielsweise „Ich habe es nicht verdient, dass es mir gut geht.“ oder durch Angst:

  • Angst, nicht genug zu bekommen
  • Angst, ausgenutzt zu werden
  • Angst, als schwach angesehen zu werden
  • Angst, verletzt zu werden
  • Angst, nicht dazu zu gehören
  • Angst, nicht gut genug zu sein

Diese sechs exemplarischen Ängste sorgen, wie alle anderen Ängste auch, dafür, dass wir innerlich verhärten und uns der Welt gegenüber mehr und mehr verschließen.
Wir werden hart zu anderen und hart zu uns selbst.
Statt Liebe regiert uns die Angst und treibt uns an, immer mehr zu leisten und immer mehr zu besitzen.

Milde findet wieder und selbst noch andere betreffend, kaum noch statt.
Wir verurteilen Menschen, die in unseren Augen faul, schwach oder nicht leistungsorientiert sind, was uns noch mehr verhärten lässt und uns letztlich immer mehr Disziplin und Anstrengung abverlangt.

Diesen Teufelskreis können wir nur durchbrechen, wenn wir uns bewusstmit unseren Glaubenssätzen beschäftigen beziehungsweise uns bewusst dagegen entscheiden, uns weiterhin von unseren Ängsten leiten zu lassen.

Mut

Liebe erfordert also Mut. Den Mut, die eigenen Ängste wahrzunehmen und trotzdem nicht auf sie zu hören.
Den Mut, sich verletzlich zu zeigen.
Den Mut, sich schwach zu zeigen.
Den Mut, als erster etwas zu geben, ohne vom anderen etwas dafür zu erwarten. Liebe ist kein Geschäft.
Den Mut, zu erkennen, ob Sie jemanden lieben oder ob Sie denken, dass sie ihn brauchen. Denn manchmal bedeutet „ich liebe dich“ auch nur „ich brauche dich“.

Liebe ist eine Entscheidung

Sie können sich also aktiv dafür entscheiden, die Haltung der Liebe einzunehmen. Das ist manchmal ein längerer Prozess, der sich jedoch auszahlt – in erster Linie für Sie selbst.

Manchmal haben Menschen Angst, ihre Leistungsfähigkeit zu verlieren, weil sie bisher als Antrieb, nur die Angst kennen gelernt haben.
Ich kann Ihnen versichern, dass sie zu noch viel mehr in der Lage sind, wenn sie keinen Antrieb mehr benötigen, sondern sich mutig in den Sog von Liebe, Freude, Güte und Dankbarkeit begeben.

Fragen und Antworten

Wie angekündigt, greife ich hier Fragen auf, die mir über Soziale Medien oder auf anderen Wegen gestellt wurden.

Frage 1:
Wie kann man etwas lieben, woran nichts liebenswertes zu finden ist?

Auf die Antwort einer Followerin:
Das ist ziemlich unlogisch, man versucht ja nicht verzweifelt, etwas zu lieben und Gründe zu suchen. Man ist offen und liebt und findet dabei so vieles. Lieben ist kein Muss, auch sich selbst zu lieben nicht. Das geht auch nicht. Man kann ganz langsam versuchen oder zulassen, freundlich und (auch mal humorvoll) großzügig zu sich zu sein, das ist schon mal eine gute Richtung.

Folgte die Nachfrage
Und wenn du es selbst wärst, was du so schrecklich und unannehmbar findest und alle sagen dir die Lösung ist daß du dich nur einfach selbst lieben sollst?

Ich finde die Antwort der Followerin schon recht treffend. Besonders „Lieben ist kein Muss, auch sich selbst zu lieben nicht.
„Liebe“ ist ein starkes Wort und „lieb dich einfach selbst“ als Ratschlag an jemanden, der möglicherweise weit von diesem Punkt entfernt ist, erhöht zum einen den Druck, etwas leisten zu müssen – nämlich sich zu lieben – und zum anderen besteht die Gefahr der Idee, selbst Schuld an seinem aktuellen Leid zu sein. Es besteht also die Gefahr, dass solch ein (wahrscheinlich gut gemeinter) Satz kontraproduktiv wirkt und das subjektive Leid noch vergrößert.

Paradoxerweise sind es häufig sehr liebenswerte Menschen, die durch erlittene Verletzungen ein verzerrtes Bild von sich selbst entwickelt haben.
Wichtig ist hier, sich nicht immer weiter in sich zurückzuziehen, sondern sich Feedback anderer Menschen einzuholen.
Das können Freunde sein, die man bittet, aufzuschreiben, warum sie gerne mit einem befreundet sind. Das kann auch professionelle Hilfe in Form eines Therapeuten oder Coaches sein.

Ein in diesem Prozess ganz wichtiges Wort ist auch in der Antwort der Followerin zu finden: langsam.
Der Prozess, zu lernen sich zu mögen, findet nicht von heute auf morgen statt. Und er läuft anfangs in der Regel so kleinschrittig, dass man manchmal das Gefühl hat, es würde sich nichts verändern. Deswegen ist es sehr wichtig, gerade die kleinen Veränderungen zu bemerken – und zu feiern.

Frage 2:
Gibt es wirklich selbstlose Liebe?

Eine Frage, über die ich viel nachgedacht und recherchiert habe, wie andere Menschen dazu stehen, um mir möglichst viele Blickwinkel zu verschaffen.
Viele Menschen sind der Meinung, dass alles im Leben mehr oder weniger egoistisch ist und auch die Handlung, etwas zu spenden oder einem Obdachlosen zwei Euro in den Becher zu schmeißen, unterm Strich dafür sorgt, dass wir ein gutes Gefühl haben.
Als sei die ganze Welt wirtschaftlich unterwandert:

  • Ich will mich gut fühlen, also spende ich mal eben Geld an die Flüchtlingshilfe
  • Der oder die liebt mich nicht, dann stelle ich meine Gefühle ihm oder ihr gegenüber eben auch ein.

Entweder kaufe ich mir gute Gefühle oder die Warenlieferung wird bei ausbleibender Bezahlung eingestellt.
Das ist mir zu einfach – auch wenn die Argumentation einiger Menschen es einem leicht macht, darauf hereinzufallen.

Ist es nicht möglicherweise so, dass – wie so häufig – die Intention, also der innere Antrieb wichtiger ist, als das Resultat?
Ja, man fühlt sich gut, wenn man etwas gespendet hat – aber ist das gute Gefühl wirklich der Antrieb zu dieser Handlung oder lediglich eine positive Folge?

Und ist es nicht möglicherweise so, dass es nicht die Liebe ist, die abnimmt, wenn man nicht zurückgeliebt wird, sondern das Begehren? Der andere Mensch ist einem ja nicht plötzlich egal. Auch schlagen die positiven Gefühle nicht plötzlich ins Gegenteil um.

Und zu guter Letzt: Was ist mit den eigenen Kindern? Was ist mit Tieren?
Was muss denn passieren, dass die Liebe zum eigenen Kind wirklich versiegt? Ich denke ehrlich gesagt nicht, dass das möglich ist. Genau, wie die Liebe zu den eigenen Eltern auch immer – und sei sie noch so sehr geschrumpft – vorhanden ist.
Wahrscheinlich werden mir bei diesen beiden Punkten viele Menschen widersprechen, was ich gut verstehen kann. Aber ich berufe mich hier auf meine Erfahrungswerte aus der Praxis, und die haben mir gezeigt, dass so mancher Mensch, der die Liebe zu seinen Eltern abgestritten hat, sehr gelöst und erleichtert war, nachdem er sie wieder akzeptieren konnte.
Die Liebe zu seinen Kindern hat übrigens noch niemand vollständig geleugnet.

Und lieben unsere Hunde, Katzen, Enten, Kaninchen, Schweine, Pferde oder Esel uns nur, weil wir sie füttern?
Ich lasse die Frage unbeantwortet, denn ich denke, dass wir Menschen sie nicht beantworten können. Aber aus irgendeinem Grund leben wir ja gerne mit Tieren zusammen.

Liebe - Schwäne - Herz - Jan Göritz - Heilpraktiker für Psychotherapie, Psychologischer Berater, Psychotherapeut (HeilprG) in Hamburg
Foto: © DWP / Adobe Stock

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