Ständig Alarm – Innere Befreiung (Teil 2)

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Lesen Sie hier Teil 1: posttraumatische Stagnation

Innere Befreiung 

Wie kann man sich denn aus dieser posttraumatischen Stagnation befreien?

Vorab zwei wichtige Punkte hierzu:

  • Die Bearbeitung von Traumata sollte unbedingt unter therapeutischer Begleitung erfolgen
  • Stellen Sie sich darauf ein, dass es wahrscheinlich keine schnellen Erfolgserlebnisse geben wird.

Sie sind nicht mehr alleine

Bei der Arbeit mit Herrn Schulze war es für ihn sehr wichtig, zu spüren, dass er nicht mehr alleine mit den traumatischen Erlebnissen ist. Er ist in den Schmerz gegangen und hat – im Gegensatz zu früheren Erfahrungen – erlebt, dass ihm jemand beisteht, dass er mit seinem Schmerz keine Belastung darstellt, dass er nicht abgelehnt wird. 

Erst durch diese Sicherheit war es ihm möglich, den Schmerz wirklich zu spüren und zu erfahren, dass er als erwachsener Mann in der Lage ist, diesen Schmerz zu fühlen ohne daran zu zerbrechen. 
So konnte er in kleinen Schritten mehr und mehr Erinnerungen zulassen und darüber den Kontakt zu dem Teil seiner Persönlichkeit, der das Trauma trägt, immer weiter aufbauen.

Wahrnehmung eigener Veränderungen

Mitunter war Herr Schulze in diesem Prozess tief verzweifelt, weil er den Eindruck hatte, es würde sich überhaupt nichts bewegen. Aber die ersten Veränderungen waren so klein, dass sie ihm gar nicht aufgefallen sind. 
Ich sagte zu ihm: „Wenn Sie ein Kind haben, bemerken Sie das alltägliche Wachstum auch nicht. Erst, wenn die Hosen zu kurz und die Schuhe zu klein geworden sind, registrieren Sie, dass Ihr Kind gewachsen ist. Genauso ist es mit Ihren Veränderungen. Sie sehen sich jeden Tag, aber ich , der Sie nur alle ein bis zwei Wochen sieht, kann die Veränderungen wahrnehmen.“

Wir selbst bemerken unsere eigenen Veränderungen häufig erst dann, wenn wir uns nicht mehr so verhalten, wie wir es eigentlich von uns gewohnt sind.
Bei Herrn Schulze war es beispielsweise der Moment, als er zufällig seinem Vater begegnete und im ersten Moment verwirrt war – bis er registriert hat, dass die innere Starre, die gewohnheitsmäßig hätte einsetzen müssen, ausblieb.

Damit war das Trauma natürlich nicht gelöst und es gab immer wieder Begegnungen mit seinem Vater, die so abliefen wie immer. Dennoch war ein erster Schritt getan und dieser Moment, in dem Herr Schulze seine innere Befreiung gespürt hat, hat ihm viel Mut und Kraft gegeben.

Die Gefahr ist vorbei

Der Satz „Die Gefahr ist vorbei“ diente ihm in dieser Zeit der Traumabearbeitung als inneres Mantra.
Es half ihm, sich immer wieder daran zu erinnern, dass er in der Gegenwart, im Hier und Jetzt, sicher ist. Dies war eine wichtige Grundlage, um ein innerliches Sicherheitsgefühl wachsen zu lassen. Angst, Unsicherheit und Starre nahmen parallel dazu ab. Als ich Herrn Schulze zum letzten Mal sah, teilte er mir mit, dass er diese Gefühle zwar innerlich noch immer spüren kann, die eigentliche innere Befreiung jedoch darin besteht, dass er nun entscheiden kann, ob beziehungsweise wie er darauf reagieren möchte.

Achtsamkeit

Ein weiteres hilfreiches Element in seinem Heilungsweg waren Achtsamkeitsübungen. Durch gezielte Atem- und Meditationsübungen konnte er lernen, in stressigen und angstauslösenden Momenten bei sich zu bleiben, anstatt in Panik oder Starre zu verfallen.

Die Kombination aus therapeutischer Begleitung, inneren Mantras und Achtsamkeitsübungen half Herrn Schulze dabei, sich nach und nach von der Last seines Traumas zu befreien und durch seine innere Befreiung wieder mehr Leichtigkeit und Freiheit in sein Leben zu integrieren.

Die Geschichte von Herrn Schulze ist ein Beispiel dafür, wie innere Befreiung Schritt für Schritt gelingen kann. Wichtig dabei ist, sich die nötige Zeit zu geben und auf professionelle Unterstützung zurückzugreifen. Ein Trauma zu überwinden ist ein Prozess, der viel Geduld, Mut und Selbstfürsorge erfordert.

Wie begegnen wir uns selbst?

Innere Befreiung bedeutet auch, zu lernen, sich selbst liebevoll und geduldig zu begegnen. Es bedeutet, alte Wunden heilen zu lassen und neue, gesunde Muster in sein Leben zu integrieren. Es bedeutet, sich von dem Schmerz und der Starre der Vergangenheit zu lösen und den Raum zu schaffen, für alles, was das Leben zu bieten hat.

Das Beispiel von Herrn Schulze zeigt, dass es nie zu spät ist, die innere Befreiung zu erlangen. Jeder, der bereit ist, sich auf diesen Weg zu begeben, hat die Möglichkeit, die Ketten der Vergangenheit zu sprengen und ein neues Kapitel in seinem Leben aufzuschlagen. Die Reise ist vielleicht lang und erfordert viel Einsatz, aber das Endergebnis – ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung – ist jeden Aufwand wert.

Abschließend lässt sich sagen, dass die innere Befreiung ein kontinuierlicher Prozess ist, der nicht linear verläuft. Rückschläge sind Teil dieses Weges, aber mit Ausdauer, Geduld und der richtigen Unterstützung ist es möglich, diese zu überwinden und gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Innere Befreiung ist ein Weg zur Selbstentfaltung, zur Heilung und letztlich zur Rückgewinnung der eigenen Lebensfreude und Lebenskraft.

Innere Befreiung - Burg - Frieden - Jan Göritz - Heilpraktiker für Psychotherapie, Psychologischer Berater, Psychotherapeut (HeilprG) in Hamburg
Foto: © borisbelenky / Adobe Stock

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