Müssen oder Wollen

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Müssen oder wollen?

Kennen Sie das auch, dass Ihr Kalender aus allen Nähten platzt?

  • Der Chef gibt Ihnen eine dringende Aufgabe zum nächsten Tag.
  • Ihr Kind braucht ihre Unterstützung beim lernen für eine Arbeit.
  • Der Hund ist krank.
  • Ihre Schwiegereltern laden zum Geburtstag ein.
  • Freunde möchten gerne einen gemeinsamen Wochenend-Trip machen.
  • Die Steuererklärung wartet.
  • Die Fenster sind fast blind.
  • Der Partner fragt nach Unterstützung bei einem Projekt.
  • Haben wir schon das Geburtstagsgeschenk für Tante Gerda?
  • Die Gitarre steht schon seit Monaten ungenutzt in der Ecke.

Ich gehe davon aus, dass jeder von Ihnen diese Liste ohne Schwierigkeiten mit etlichen eigenen Punkten ergänzen könnte.
Kein Wunder, wenn einem das eigene Leben dann vorkommt, wie eine nie endende To-do Liste.

…kann Spuren von Müssen enthalten

Viele meiner Klienten benutzen gerade in den ersten Gesprächen das Wort „müssen“ sehr häufig. So entsteht sogar bei mir, der lediglich zuhört, ein Druckgefühl.
Bei genauerem Hinterfragen wird allerdings schnell klar, dass „müssen“ nicht immer bedeutet, dass es auch wirklich dringend ist.
Oftmals geht es um Dinge, die anstehen, aber nicht sofort erledigt werden müssen. Beispielsweise können Fenster längere Zeit verschmutzt sein, ohne dass es für die betreffende Person schlimme Auswirkungen hat.
Dennoch bildet sich bei uns Menschen schnell die Idee „Ich muss dies und das noch erledigen.
Wenn jedoch alles ein „muss“ ist, dann passiert zweierlei:

  1. alle Themen haben auf einmal die gleiche Priorität. Ganz gleich, ob es darum geht, dem Kind beim Lernen für die morgige Klausur zu helfen oder die Kommode abzustauben. Alles muss getan werden – und am besten sofort.
  2. alles bekommt einen Druck–Charakter, – ob es nun das Grillen mit Freunden ist oder der Hausputz. Termin ist Termin und das bedeutet – unabhängig davon, um was es sich handelt – noch mehr Druck.

Mittelfristig wird dies zu einer Stress-Spirale führen, in der man nur noch einen Termin nach dem anderen bedient. Da sich aber jeder Mensch auch nach Erholung und Entspannung sehnt, werden wir wahrscheinlich beginnen, das Tempo zu erhöhen, um die Liste möglichst schnell abzuarbeiten. Spätestens in diesem Moment verlassen wir das Hier und Jetzt:
Während wir mit unserem Kumpel beim Bier sitzen, arbeiten wir gedanklich an der Präsentation, die morgen fertig sein muss. Wenn wir mit unseren Kindern spielen, planen wir den nächsten Tag. Und während wir mit unserer Frau beim romantischen Candlelight-Dinner sitzen, ziehen wir uns immer wieder auf die Toilette zurück, um mit unserem Kollegen am aktuellen Projekt weiter zu arbeiten.
Und eigentlich liebäugeln wir schon mit Mitte 30 mit der Rente, denn „dann ist endlich Ruhe.“
Wir nehmen uns als Opfer der Umstände war, anstatt zu erkennen, dass wir ein Leben leben, welches das Resultat unserer bisherigen Entscheidungen ist.

Eigenverantwortung

Auch hier kommt man um das Thema der Eigenverantwortung nicht herum.
Möchte ich mein Leben bewusst gestalten? Oder bin ich gerne Opfer der Umstände?
Vielleicht bekomme ich als Opfer viel Aufmerksamkeit und Zuspruch. Eventuell fühlt sich das im ersten Moment sogar an wie Liebe.
Doch es ist keine Liebe. Aufmerksamkeit und Zuspruch manifestieren vielmehr die Opferposition. Doch die Angst davor, mit leeren Händen dazustehen, wenn wir riskieren aus dem Kreislauf „Leid – Zuspruch – Hilflosigkeit – Leid -Zuspruch“ aussteigen, macht es uns schwer, diesen Teufelskreis hinter uns zu lassen.
Doch genau das sollte nicht der Weg sein. Die grundlegende Frage, die man sich immer wieder im Leben stellen sollte, ist: lebe ich selbstbestimmt oder lebe ich in Abhängigkeit von anderen? Oder kurz: lebe ich?
Sollten Sie das Gefühl haben, nicht selbstbestimmt zu leben, dann fragen Sie sich: „wovor habe ich Angst?“
Handelt es sich um irrationale Ängste, wie die Angst, den Zuspruch anderer zu verlieren oder die Angst, nicht geliebt beziehungsweise nicht gemacht zu werden, dann haben diese Ängste niemals recht!
Diese Ängste mögen in unserer Kindheit dafür gesorgt haben, dass uns unsere Eltern, von denen wir tatsächlich abhängig waren, versorgt haben. Heutzutage erfüllen diese Ängste für uns keinen konstruktiven Zweck mehr. Wir könnten sie also „einfach“ überwinden.
Das einzige was sie dazu benötigen, ist etwas Mut. Mut, Entscheidungen zu treffen und umzusetzen, mit denen sie riskieren, von anderen abgelehnt zu werden. Tatsächlich passiert dies in den seltensten Fällen, aber unser Horrorszenario von Einsamkeit leistet an dieser Stelle meistens hervorragende Arbeit. Es mag sich in unserer Vorstellung so anfühlen, als würden wir aus einem Flugzeug springen und der Fallschirm öffnet sich nicht. In der Realität ist es dann jedoch eher ein Sprung von der untersten Treppenstufe.
Wenn ihr Herz Ihnen vorgibt, was für Sie der richtige Weg, die richtige Entscheidung ist, dann bündeln Sie all Ihren Mut – wie ein Laserstrahl gebündeltes Licht ist – und nutzen Sie diese Kraft für sich. Es wird sich lohnen!

Müssen oder Wollen - Jan Göritz - Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologischer Berater in Hamburgi
Bild von Ulrike Leone auf Pixabay

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